Höllenritt von Kambodscha nach Vietnam
Zurück nach Vietnam! Nach knapp zwei Wochen Kambodscha fahren wir heute auf dem Landweg zurück nach
Vietnam. Wie schön, ich freue mich sehr. Vietnam ist mir in den vier Wochen letztes Jahr und zu Beginn unserer jetzigen Reise wirklich sehr ans Herz gewachsen. Kambodscha war auch schön, landschaftlich beeindruckend und vor allem mit Angkor historisch höchstinteressant. Aber wohler fühle ich mich in Vietnam, insbesondere die Menschen dort empfinde ich als herzlicher.
In Kampot haben wir über ein Reisebüro ein Busticket gebucht - mit dem Minibus von Kampot zur Grenze, von dort weiter mit einem "Local Bus" nach Can Tho. Wir haben sämtliche Reisebüros abgeklappert, alle hatten nur dieses eine Angebot. Skeptisch fragte Volker schon nach, was das mit dem Local Bus auf sich hat, ob man dann wenigstens sicher nen Sitzplatz hat. Yes yes, of course. Na dann. Gebucht. Bisher waren ja auch alle Busfahrten echt top. Alles bestens.
Am Abfahrtstag, dem 17.03.2017, werden wir also nach einiger Wartezeit im Reisebüro in Kampot vom Minibus abgeholt. Wie erwartet wird das Gepäck sämtlicher Reisenden im Tetris-Verfahren in den viel zu kleinen Kofferraum gestopft. Volker hat Glück und darf vorne sitzen, hinten ist es sehr eng, aber ok. Fast nur Touristen, ganz lustige eigentlich. Der Weg bis zur Grenze verläuft völlig problemlos.
An der Grenze selbst sammelt der Beifahrer unsere Pässe ein und verschwindet damit im Grenzgebäude. Zeit, eine zu rauchen, dann ist er recht schnell wieder da. Wir müssen nun zu Fuß nach Vietnam laufen. Zehn Meter, oder so. Das Gepäck bleibt im Minibus. Es wird kurz Fieber gemessen, und wir müssen einen gelben Zettel ausfüllen, der bestätigt, dass wir gesund sind. Dafür wird von einem total netten und lustigen Beamten 1 $ kassiert, der achtlos in eine Bananenkiste geworfen wird. Genau wie die eben ausgefüllten Gesundheitsformulare. Auch das Fieberthermometer zeigt bei jedem das gleiche an, aber die werden schon wissen, was sie tun... Dann gehen wir nochmal zehn Meter, und hier wird endlich mal von jemandem ein Blick in den Pass geworfen. Das war alles. Super easy. Wir sind in Vietnam.
Ebenso wie unser Gepäck mitsamt Minibus, in den wir wieder einsteigen dürfen. Allerdings wird´s jetzt chaotisch - plötzlich sind wir weit mehr Passagiere als vorher, aber wir fahren ja auch nur noch bis Ha Tien. Das ist echt nicht weit, paar Minuten, aber in dieser Zeit habe ich einen Schweden auf meinem Schoß sitzen. Wenigstens ist er nett und riecht nicht komisch. So weit, so gut.
In Ha Tien angekommen, stellt sich raus, dass alle irgendwo anders hin müssen, wir sind die einzigen, die ins Mekong-Delta wollen. Nach ein bisschen Hin und Her schmeißt uns der Minibusfahrer an einem Straßenrestaurant raus und meint, das sei die Bushaltestelle für den Bus nach Can Tho. Er zeigt uns in einer Hängematte einen Mann, der wohl unser Busfahrer sein soll. Dieser winkt uns lachend zu und bedeutet uns, Platz zu nehmen. Machen wir. Und hier spüre ich, dass ich wieder in Vietnam bin - alle im Restaurant anwesenden Personen lächeln zurück, wenn ich sie anlächle. Fühlt sich bisschen an wie Heimkommen. Und dann passiert - nichts. Wir sitzen. Unser Busfahrer ist verschwunden, und von dem eigentlichen Busbahnhof gegenüber rückt alle paar Minuten ein (ordentlicher) Bus aus, der nach Rach Gia, einem Ort auf dem Weg nach Can Tho liegt, abfährt. Wir werden nervös, weil wir so GAR keine Ahnung haben, wie das weitergeht. Schließlich, nach anderthalb Stunden Warten, kommt ein klappriger Kleinbus angefahren. Unser Bus. Schon seeehr voll, aber in der letzten Reihe bekommen wir zwei Sitzplätze. In unserem Genick das Gepäck vom Kofferraum, in unserem Fußraum dicke Reissäcke. Volker will einen auf die Seite schieben und schneidet sich direkt den Finger auf, als er das Ding nur berührt. Keine Ahnung, was hier transportiert wird. Rasierklingen? Wir fahren los, nehmen aber - trotz schon übervollem Bus - weitere Fahrgäste auf. Außer einem australischen Paar sind wir die einzigen Touristen. Letztlich befinden sich 21 Personen in einem Bus, der über 14 Sitzplätze verfügt. Ein Hund kommt später auch noch dazu.
Das schlimmste ist nicht das sich-zusammen-klappen-über-sechs-Stunden, sondern der Fahrstil. Wir überholen jeden und alles, völlig egal, ob eine Kurve oder eine Kuppe vor uns liegt. Da hilft auch der Typ im Bus nix, der den Autos, die wir überholen, durch´s offene Fenster immer nochmal aufs Dach haut - wahlweise auch den Mopedfahrern auf den Helm. Weg da, jetzt kommen wir. Passenderweise steht auf seinem T-Shirt "Leader of Safety". Hui. Dass wir ganz hinten sitzen, die Straße extrem holprig ist, am Fenster neben mir nach Fischsauce stinkende, getrocknete Kotze klebt und die Vietnamesen reihenweise in ihre schwarzen Plastiktüten reihern, macht das alles nicht unbedingt besser. Bei der einzigen Pinkelpause überlegen wir ganz ernsthaft, auf ein Taxi umzusteigen, aber da ist natürlich keins, wenn man mal wirklich eins braucht. Also müssen wir uns wohl oder übel wieder in den Bus reinfalten und beten, dass wir gut ankommen. Was wir nach einem beinahe-Unfall, der nur mittels Vollbremsung mit quietschenden Reifen abgewendet werden kann (puh!), auch tun. Abends um halb 8.
Zum Glück haben wir schon vorab ein Homestay in Can Tho gebucht. Total hungrig und durstig lassen wir uns vom Taxi hinbringen, und gehen davon aus, dass wir nach Ablegen des Gepäcks erstmal loseiern und was zu essen suchen müssen. Dabei werden wir beim Homestay von einem zuckersüßen ca. 70jährigen Ehepaar in Empfang genommen. Die beiden sprechen gebrochen Englisch und stellen uns erstmal selbstgemachten Eistee, Nudelsuppe, warmen Tee und Früchte aus dem Garten hin. Der unfassbar knuffige Homestay-Hund mit den viel zu kurzen Beinen begrüßt uns ebenso herzlich. Ich könnte heulen vor Dankbarkeit! Nach DEM Tag dieser warme Empfang, da fällt einem wieder ein, worauf es im Leben wirklich ankommt. Todmüde fallen wir in unsere Hütte im Garten der lieben Menschen. Aber nicht, ohne vorher noch die Mekong-Delta Tour mit dem Sohn der Familie für den nächsten Tag gebucht zu haben...
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