Island im September 2012 - Reisebericht

meine Fotos vom Polarlicht/ Aurora Borealis: http://www.susanne-lorenz-fotografie.de/#!aurora-borealis/c1jcl

Endlich konnte ich mir einen schon länger gehegten Wunsch erfüllen: Am 18.09.2012 ging es auf nach Island!
Mit der Kameraausstattung im Gepäck und den festen Vorsätzen, in Reykjavik ganz viel Musik zu kaufen (check), im heißen Becken eine zu rauchen (check), Polarlichter und Wasserfälle zu fotografieren (check), den ganzen Tag Sigur Rós hörend im Jeep durch Mondlandschaften zu fahren (check-check-check) – und dabei ein paar Elfen zu sehen (ähhhm - fail).

Eine Nacht in Reykjavik und 10 Tage Fotoreise durch Islands Süden standen also bevor. Gemeinsam mit neun anderen (Hobby-)Fotografen – die sich mehr und mehr als ganz großartige und liebenswerte Gruppe entpuppten -, zwei Jeeps und den beiden Guides Reinhard und Thorben, die ich bereits von meiner letzten Reise nach Norwegen im Winter kannte. 
Hier hatte ich damals meinen Island-Trip quasi schon mündlich gebucht. Ich kann mich noch genau erinnern, wie ich meinem Chef vom Rücksitz des Land Rovers aus via iPhone eine euphorische E-Mail in die Arbeit schickte, dass ich die letzten beiden Septemberwochen dann bitte auch noch gerne Urlaub hätte. Daran, dass das tatsächlich klappt, hatte ich zu dem Zeitpunkt selbst noch nicht geglaubt. Hat's aber. Gut.
Diesmal nahm ich mir noch einen Freund von zu Hause mit, der zwar nicht fotografiert, aber schon immer nach Island wollte. Sein Nicht-Fotografieren stellte sich während der Reise jedoch als Vorteil für mich heraus: Da selbst ohne schwerem Gepäck unterwegs, nahm er mir des öfteren großzügig das Stativ oder den Fotorucksack ab. Danke nochmal für deine „Assistenz“ und Geduld! :-)

Genug des Geplänkels – für die, die sich's ernsthaft antun wollen, folgt der Reise(ablaufs)bericht.

Tag 1, Reykjavík:

Direktflug, sehr gut. Highlight im Flieger: Die Musiksammlung im Touchscreenbildschirm vor uns. Jackpot! Wir hören vier Stunden lang nur Alben von isländischen Künstlern an und kritzeln Bandnamen auf Kotztüten.
Erster Eindruck der Landschaft auf der Fahrt im Flybus bei Strahlehimmel („Hier sieht's ja aus wie auf Teneriffa!“). Ankunft Reykjavik 18:00 mit Spaziergang bei Sonnenuntergang am Hafen, genauere Inspizierung des beeindruckenden Konzerthauses Harpa, Sonnenfahrtsskulptur Solfar am Ufer, Spaziergang durch die Altstadt und die Laugavegur entlang. Hach. Nettes, buntes Städtchen, mit seinen bisschen über 100.000 Einwohnern, unter der Woche abends vielleicht ein bisschen verschlafen.

Tag 2, Reykjavik - Gardur:
Das warme Wasser aus der Leitung stinkt nach Schwefel, man möchte sich unmittelbar nach dem Händewaschen sofort die Hände waschen. Das kalte Wasser riecht nach – kaltem Wasser. Ohne Schwefel. In Reykjavik also nur noch kalt duschen.
Bei Sonnenaufgang gleiche Tour wie gestern, nur die Kamera und ich – und ein Mitbring-Kaffee für den sich ausschlafenden Kollegen. Mit ihm dann – nach dem Kaffee - Streifzug durch die Stadt inkl. Rathaus, Parlamentsgebäude, Laugavegur, Halgrimskirkja, inkl. Genuss eines Orgelkonzerts und Blick von der Aussichtsplattform, zum Glück mit Aufzug erreichbar. Dann längerer Aufenthalt im großartigen Musikladen 12 Tónar - wir drücken dem sehr netten Verkäufer einfach die Kotztüten in die Hand und hören uns mit in Omasesseln kredenztem Espresso auf alten Discmen von ihm vorgeschlagene Musik an – und kaufen ca. 17 CDs. Dumm, dass der Koffer bereits bei Ankunft 22,7 von 23 erlaubten Kg hat.
Nachmittags Fahrt zurück zum Flughafen, wo wir von Reinhard und der Hälfte der Gruppe in Empfang genommen werden. Fahrt im Jeep nach Gardur, in die erste (gemeinsame) Unterkunft, mit ersten vorsichtigen Annäherungsversuchen in der Sonne auf unserer kleinen Holzterrasse und anschließendem Ausflug – am Meer entlang zum Leuchtturm, dem südwestlichsten Punkt Europas. Dass mich das Lied „Edge of the World“ den ganzen Urlaub über nicht mehr verlassen soll, ist mir hier noch nicht klar. Kurz nach dem Abendessen, jetzt mit der ganzen Gruppe, Polarlichterrausch - natürlich wieder von uns Rauchern als erstes entdeckt. Sensationell. Magisch.


Fahrt nach Dyrhólaey, ca. 250 km weiter östlich. Dabei Fotostops an der Blauen Lagune, in Hveragerdí an Schwefelfeldern, einem Wasserfall und dem örtlichen Supermarkt, außerdem am Seljalandsfoss. Letzteres der Hammer, ein Wasserfall, hinter dem man durchgehen kann. Erlaubt grandiose Blickwinkel und macht einfach nur Spaß – wenn's auch ein wenig nass wird... Bei Sonnenuntergang Ankunft in neuer Unterkunft, nach dem Abendessen Fahrt an den schwarzen Strand von Vík. Polarlicht? Leider nur ein recht unbeweglicher Bogen am Horizont. Der Wahnsinns-Sternenhimmel inklusive Milchstraße und tennisballgroßer Sternschnuppen (einer, zumindest...) entschädigt jedoch reichlich.


Was ein Anblick aus dem Fenster nach dem Aufstehen: Hunde und Katzen! Das war´s dann wohl mit dem schönen Wetter... Langzeitbelichtungungen im strömenden Regen (vormittags: Strand von Vík) machen richtig Spaß. Dann weitere 250 km weiter östlich nach Halí. Das Land ist klein: An der Tankstelle in Kirkjubæjarklaustur treffen Reinhard und Thorben zwei ehemalige Reiseteilnehmerinnen. Eigentlich ist das völlig egal – ich wollte nur den Ortsnamen nochmal schreiben. :-) Zwischenstop außerdem an einer Gletscherzunge (sollte nicht die letzte gewesen sein...) und der Eisberglagune Jökulsarlón, bevor wir unsere bezaubernde Unterkunft in Halí erreichen. Wir freuen uns, dass wir drei Nächte hier bleiben dürfen, und sitzen abends im Gemeinschaftsraum bei Wein und Whiskey zusammen.

Tag 5, Halí:

Es regnet und ist so neblig, dass wir den oberen Teil des Felsens, der hinter der Unterkunft steht, nicht sehen. Vor der Unterkunft: Meer. Echt? Bei diesem Wetter fahren wir nur in der näheren Gegend herum mit Stops an einem verlassenem Hof, einer Pferdekoppel, deren Bewohner uns schrecklich neugierig belagern, einer Gletscherzunge des Skálafellsjökull, die wir nur mit der Durchquerung eines Baches erreichen. Zwei Rentiere laufen vor dem Jeep, sie haben sich mit weißen Flecken im Fell schon auf Winter eingestellt. Dann Highlight: Hot Pot! Mit Pudelmütze und im Bikini bei 5 Grad durch den Regen laufen (von der Umkleide zum Becken) hat was, dann bei Regen im 40 Grad warmen Wasser zu sitzen, hat noch viel mehr. Anschließend einkaufen in der nächsten Stadt Höfn. Da der Wetterbericht von 19:00 bis 21:00 zwei regenfreie Stunden voraussagt, verschieben wir geringfügig das Abendessen und fahren in diesem Zeitfenster an die Eisberglagune Jökulsárlón, um die Eisklötze am jenseits der Brücke liegenden schwarzen Strand zu fotografieren. Als der Regen fast pünktlich wieder einsetzt, packen wir einen Eisklotz ein und fahren zurück zur Unterkunft. Heute gibt’s Whiskey on the (gletscher-)rocks.

Tag 6, Halí:

Der Regen ist schwächer und macht manchmal sogar ein Päuschen. Also geht’s nochmal zur Lagune, diesmal mit einer Fahrt im Amphibienfahrzeug zwischen den Eisklötzen durch. Als der Guide, ein Pole, ganz stolz mit dem Hammer ein Stückchen Eis abbricht und uns zum probieren gibt, winken wir nur lachend ab und geben mit unserem On-the-Rocks-Whiskey an. An Polarlichter glaubt langsam niemand mehr bei den Wolken, das abendliche Zusammensitzen ist dafür umso netter.


Nach dem Frühstück brechen wir auf zur nächsten Unterkunft, wieder zurück in westliche Richtung. Unterwegs kommt die Sonne ein wenig heraus, diesmal sehen wir, was links und rechts der Straße passiert – bei der Hinfahrt wegen dem Nebel nicht möglich. Das und der Nachholbedarf führt zu unzähligen Fotostops: bei einem alten Dorf, don dem nur noch ein Baum und der Friedhof stehen, Gletscherzungen, Landschaften, Schafe, moosbewachsene Lawafeldern, Wasserfälle. Dann ist noch Zeit für einen Abstecher ins Hochland und den Strand von Vík mit anschließendem Besuch des Leuchtturms, mit grandioser Aussicht zum Sonnenuntergang. Die neue Unterkunft erreichen wir recht spät – was mich nicht daran hindert, nach dem Abendessen kurz in den hiesigen Hot Pot (leider überdacht) zu hüpfen.


Das Wetter spielt wieder mit! Daher fahren wir – natürlich nicht ohne Fotostop an einem Bauernhof – zum wundervollen Wasserfall Skógafoss und zum Gletscher Sólheimajökull, wo wir im Café (eigentlich nur ein Container...) großartigen Karrottenkuchen essen. Nach der Stärkung machen wir uns querfeldein auf die Suche nach einem im Krieg verunglückten Flugzeug, „das hier irgendwo am Strand liegen muss“. Wir finden es tatsächlich und befinden uns in einem riesigen Feld mit schwarzen Kieseln („hat sich jemand den Weg gemerkt?“). Mit kleiner Wanderung zu einem alten Schwimmbad in einem Tal erreichen wir schließlich Hvolsvöllur. Ich habe Bauchweh – mir und zwei anderen steht ein Cessnaflug bevor, mit einem über 70jährigen Piloten und einer zamgeflickten Maschine, die ebenso alt wirkt. Die Angst ist angesichts der grandiosen Perspektive auf dem Flug Richtung Landmannalaugar und über den Eyjafjallajökull jedoch schnell vergessen.


Nach dem Frühstück fahren wir zunächst zum Großeinkauf nach Selfoss und erreichen am Nachmittag zwei Häuser im Gebiet Grimsnes, die wir die restlichen Tage in zwei Sechser-Gruppen bewohnen werden. Dabei handelt es sich um Sommerhäuser von Städtern (Reykjavik ist ca. 45 Min. entfernt), die von privat vermietet werden. Nachmittags stehen noch zwei Wasserfälle auf dem Plan: Der Haifoss und eine Ansammlung von Wasserfällen inmitten bunter Bäume, deren Namen ich nicht weiß, und die nur über eine 20 minütige Fahrt über Schotterpisten zu erreichen sind. An der Tankstelle in Arnes werden Hufeisen direkt neben Motorenöl verkauft. Großartig.

Tag 10: Grimsnes

Wir nehmen uns die Golden Circle Tour vor: Geysir, Riesen-Wasserfall Gullfoss, Nationalpark und Unesco-Naturerbe Pingvellir. So richtig Spaß macht das den ganzen Tag aber nicht, da es ekelhaft kalt, regnerisch und sau-windig ist. Außerdem spüre ich eine Erkältung und bekomme in Form von schweizerischen Hustenbonbons Erste Hilfe.

Tag 11: Grimsnes

Die Erklältung schlägt voll zu, weshalb ich beschließe, die anderen ohne mich fahren zu lassen. Dennoch fühle ich mich bestens – ich habe das ganze Häuschen für mich alleine, höre laut Musik, blättere in isländischen Zeitschriften, trinke Tee und liege eingemummelt auf der Couch, von der aus man dank Riesen-Fenster einen grandiosen Blick auf die Umgebung hat – und zwar heute wieder mit Sonne.

Tag 12: Grimsnes - München

Da unser Flieger bereits gegen 7 Uhr abhebt, müssen wir um 3 Uhr aufstehen. Auf der Fahrt von hier zum Flughafen scheint der Vollmond in mein Fenster und lässt die Eisblumen, die bei -5 Grad halt mal entstehen können, funkeln. Dazu höre ich ein letzes Mal Eddie Vedder, während ich mich von der vorbeiziehenden, im Mondlicht gut sichtbaren Landschaft verabschiede. Ich freue mich auf daheim, dennoch fällt der Abschied schwer.